14.09.2022
Rohstoffe aus der Lampe
Leschs Kosmos: Virales Recycling von Seltenen Erden aus Leuchtstofflampen
Es ist kein Geheimnis, dass die Rohstoffvorkommen auf der Erde begrenzt sind. Deshalb sind innovative Lösungen für das Recycling gefragt.
Forscher*innen des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie Seltene Erden aus
Leuchtstofflampen zurückgewinnen können. Den Schlüssel liefern Bakteriophagen: Viren, die vor allem Bakterien infizieren.
Durch die Kombination mit einem speziellen magnetischen Trennungsverfahren ist es
den Forscher*innen gelungen, Rohstoffe gezielt aus Stoffgemischen
herauszufiltern und wiederzuverwenden. Die ZDF-Wissenschaftsreihe Leschs
Kosmos widmet sich dem Thema inder nächsten Folge am 6. September 2022.
Die zunehmende Technologisierung lässt den Bedarf an Rohstoffen drastisch
steigen. Hinzu kommt die zunehmende Komplexität von elektronischen
Geräten, für die Hightech-Materialien wie Seltene Erden nötig sind.
Seltene Erden sind 17 verschiedene Metalle wie Lanthan, Cerium, Europium
und Terbium, die wesentliche Bestandteile von Smartphones,
Flachbildschirmen, Windkraftanlagen und Kompaktleuchtstofflampen sind.
China ist Weltmarktführer für die Versorgung mit Seltenen Erden: es deckt
86 Prozent des weltweiten Bedarfs und sogar 98 Prozent des europäischen.
Um diese Abhängigkeit zu reduzieren und die Umwelt zu entlasten, bedarf es
innovativer Recycling-Technologien. Denn im Moment beträgt der
Recyclinganteil von Seltenen Erden in der Europäischen Union gerade einmal
acht Prozent. Doch gerade im Recycling von Altprodukten steckt ein hohes Potential.
Ausgediente Elektronikprodukte enthalten eine Vielzahl von wertvollen
Elementen in sehr geringen Konzentrationen. Dazu zählen
Kompaktleuchtstofflampen, die derzeit getrennt von anderem
Elektronikschrott gesammelt werden, da das quecksilberhaltige Lampenpulver
in speziellen Lagern aufbewahrt werden muss. Dieses Pulver enthält
Leuchtstoff aus Bariummagnesiumaluminat, Ceriummagnesiumaluminat,
Lanthanphosphat, Halophosphat und Yttriumoxid. Bis zum Jahr 2020 haben
sich in der EU 25.000 Tonnen Leuchtpulver angesammelt. Darin enthalten
sind 750 Tonnen Seltene Erden. In anderen Elektronik-Altprodukten wird von
einem Anteil von 4.200 Tonnen ausgegangen. Deshalb haben HIF-
Forscher*innen das Lampenpulver als Grundlage genommen, um exemplarisch zu
zeigen, dass eine Wiedergewinnung der enthaltenen Elemente möglich und
wirtschaftlich sinnvoll ist. Für die Rückgewinnung setzen sie magnetische
Separation basierend auf Biokollektoren ein. Die dafür erforderlichen
Biomoleküle finden sie mit Hilfe der biologischen Technologie „Phage
Surface Display“ (PSD) und stellen sie anschließend biotechnologisch her.
Biomoleküle binden Seltene Erden
Im Mittelpunkt der PSD-Methode stehen Bakteriophagen. Das sind Viren, die
darauf spezialisiert sind, Bakterien zu infizieren. Mit Hilfe der PSD-
Technologie wird aus Bakteriophagen mit einer Milliarde verschiedener
Biomoleküle das geeignete, also elementspezifische Biomolekül ausgewählt.
Im Anschluss wird dieses Biomolekül biotechnologisch hergestellt und auf
einem kugelförmigen, magnetischen Trägermaterial verankert. Dadurch
entstehen Biokollektoren, die in der Lage sind, ihr Zielelement spezifisch zu erkennen und zu binden.
„Die Biokollektoren können je nach Zielmaterial mit einem anderen Typ
Biomolekül bestückt und zur selektiven Metallrückgewinnung aus diesen
Gemischen eingesetzt werden. Durch gemeinsame Experimente mit Kolleginnen
und Kollegen der HZDR-Institute für Ressourcenökologie und für
Fluiddynamik sowie des Strahlenschutzes ist es uns gelungen, den
Trennprozess in Richtung einer Anwendung voranzutreiben. Die durch
Biokollektoren wiedergewonnenen Seltenen Erden können wir zukünftig zurück
in den Kreislauf bringen, wodurch sich gleichzeitig das enorme Ausmaß an
Sondermüll reduziert“, sagt die Leiterin der Nachwuchsgruppe BioKollekt,
Dr. Franziska Lederer. Gemeinsam mit ihrem Team will die Chemikerin
außerdem eine Technologieplattform für weitere Recyclingmaterialien
aufbauen, um langfristig einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu leisten.
Trailer Leschs Kosmos:
https://www.zdf.de/wissen/leschs-kosmos/der-schatz-in-der-muelltonne-das-recycling-versprechen-100.html
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
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