26.06.2022
Alte DNA und Zähne zeigen: Die Römer brachten das Maultier mit
Erst die Römer brachten auch Maultiere im ersten Jahrhundert über die Alpen nach Norden, davor wurden in Mitteleuropa ausschließlich Pferde als Reittiere genutzt. Das zeigen die Genanalysen einer Forschergruppe der Universität Wien, des ArchaeoBioCenters der LMU München sowie der Staatssammlung für Paläoanatomie München (SNSB-SPM). Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher:innen nun in der Fachzeitschrift Journal of Archaeological Science.
Bis zum Ende der Eisenzeit (ca. 1. Jahrhundert vor Chr.) wurden in den
keltischen Siedlungen im nördlichen Alpenvorland ausschließlich Pferde
gezüchtet. Die von den Kelten hochgeschätzten „Tiere für die Elite“ fanden
vor allem bei Militäreinsätzen Verwendung. Als die Römer kurz vor Christi
Geburt in die Gebiete nördlich der Alpen vordrangen und sich dort
ansiedelten, brachten sie aus dem Mittelmeerraum auch Maultiere mit. Diese
waren beim Militär als Pack- und Arbeitstiere hoch angesehen. Die Römer
schätzten die Esel-Pferd-Kreuzungen, sogenannte Hybride, insbesondere in
Bezug auf ihre Kraft, Ausdauer und Trittsicherheit im Gebirge. Außerdem
kommen Maultiere mit wenig wertvollerem Futter aus und sind
widerstandsfähiger Krankheiten gegenüber als Pferde und Esel.
Der Beginn der wirtschaftlichen und militärischen Bedeutung von Maultieren
für die Menschen in Siedlungsgebieten nördlich der Alpen war bisher mit
Unsicherheiten behaftet. Selbst für Fachleute ist es schwierig, die
archäologischen Überreste von Equiden - Pferde, Esel sowie deren
Kreuzungen, die Maultiere und Maulesel – voneinander zu unterscheiden. Zu
ähnlich sind sich die meisten Skelettelemente der Tiere aus dieser Gruppe.
Ein Forscherteam der Universität Wien, des Lehrstuhls für Paläoanatomie,
Domestikationsforschung und Geschichte der Tiermedizin der LMU München
sowie der Staatssammlung für Paläoanatomie München hat nun in einer Studie
die alte DNA von über 400 Equiden aus einer keltischen und sieben
römischen Siedlungen in den nördlichen Provinzen des Römischen Reichs -
heute Süddeutschland, Ostschweiz und Österreich - untersucht. Die
Genanalysen verglichen die Forscher:innen mit den Ergebnissen der
klassischen Methoden zur Artbestimmung, der Analyse der Morphologie, Form
und Größe von Unterkieferzähnen und ausgewählten Knochen. Überreste von
Maultieren fanden sich nur in den römischen Siedlungen. Außerdem zeigten
die Untersuchungen, dass Maultiere sich nicht nur anhand ihrer altDNA
identifizieren lassen, sondern auch durch die Merkmale insbesondere ihrer
vorderen Backenzähne, den sogenannten Prämolaren.
„Voraussetzung für die sichere Identifikation der Pferd-Esel-Hybridformen
sind allerdings umfassende Referenzsammlungen von Equidenskeletten, damit
Forscherinnen und Forscher diese mit archäologischen Funden vergleichen
können“, erläutert Prof. Dr. Peters, Direktor der Staatssammlung für
Paläoanatomie München und Inhaber des Lehrstuhls für Paläoanatomie, LMU
München. „Nicht immer ist im archäologischen Fundmaterial DNA ausreichend
gut erhalten, um Tiere sicher bestimmen zu können. Daher ist auch für die
Erforschung vergangener Kulturen der Aufbau von umfangreichen naturkundlichen Sammlungen unabdingbar.“
Originalpublikation:
Sharif MB, Mohaseb AF, Zimmermann MI, Trixl S, Saliari K, Kunst GK, Cucchi T, Czeika S, Mashkour M, Orlando L, Schaefer K, Peters J, Mohanesan E (2022) Ancient DNA refines tax-onomic classification of Roman equids north of the Alps, elaborated with osteomorphology and geomric morphometrics, Journal of Archaeological Science, Vol. 143, 105624
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.spm.snsb.de - Staatssammlung für Paläoanatomie München (SNSB-SPM)
http://www.snsb.de - Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns (SNSB)
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
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