06.04.2022
Deutschland sucht die Schlüsselblume:
Bürgerforschungsprojekt geht in nächste Runde
In wenigen Tagen beginnt in vielen Teilen Deutschlands die Blütezeit der Echten Schlüsselblume. Auch in diesem Jahr haben Bürgerinnen und Bürger
die Möglichkeit, im Rahmen eines europaweiten Citizen Science-Projekts die Forschung zu unterstützen. Dafür müssen Interessierte Echte Schlüsselblumen in ihrer naturnahen Umgebung suchen, bestimmte Blütenmerkmale notieren und ihre Beobachtungen in eine digitale Datenbank eintragen.
Ziel ist es, mehr über den Bestand und die Lebensbedingungen der geschützten Art zu erfahren. Die Martin-Luther-Universität Halle-
Wittenberg (MLU) koordiniert den deutschsprachigen Teil der Studie.
Im vergangenen Jahr beteiligten sich europaweit mehrere Tausend Menschen
an dem Projekt, fast 400.000 Beobachtungen wurden gemeldet. Die
vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass es bei der Verteilung von Echten
Schlüsselblumen (Primula veris) ein gewisses Ungleichgewicht gibt. Die Art
kommt in zwei Pflanzentypen vor: Sie unterscheiden sich nur in der
Position der weiblichen und männlichen Blütenorgane innerhalb der Blüte -
der eine Typ hat längere weibliche und tief sitzende männliche
Blütenorgane, beim anderen ist es genau umgekehrt. Schlüsselblumen können
sich nur dann fortpflanzen, wenn Pollen zwischen beiden Typen ausgetauscht
wird. "Dass die beiden Arten nicht gleich verteilt sind, ist überraschend,
weil eine gleiche Verteilung die Fortpflanzung wahrscheinlicher macht und
so für widerstandsfähigere Populationen sorgt", sagt die Biologin Dr.
Sabrina Träger von der MLU. Ob die ungleiche Verteilung durch
Landschaftsveränderungen und Habitatverlust hervorgerufen wird und ob es
sich dabei um einen langfristigen Trend handelt, müsse weiter erforscht
werden. Deshalb findet das Projekt auch in diesem Jahr wieder statt.
Die Echte Schlüsselblume ist in Grasländern, an Wald- und Straßenrändern
sowie in Küstennähe und in den Bergen zu finden. Spezielle Vorkenntnisse
sind für die Teilnahme an dem Bürgerforschungsprojekt nicht nötig: Wer
mitmachen will, muss lediglich in freier Natur nach der Echten
Schlüsselblume suchen, in deren Blüten schauen und einige Merkmale
notieren. Anschließend können die Beobachtungen und optional ein paar
Fotos auf der Projektwebsite hochgeladen werden. Die Pflanzen dürfen dabei
nicht gepflückt und ihre Habitate nicht beschädigt werden, da die Art in
Deutschland unter Schutz steht. "Wenn die Blütezeit der Echten
Schlüsselblume Ende Mai vorbei ist, werden die Daten aus ganz Europa
ausgewertet. Wir werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die
Ergebnisse auf dem Laufenden halten", sagt Träger.
Das Projekt soll dabei helfen zu verstehen, wie es um die Echte
Schlüsselblume als Vertreterin bedrohter Arten bestellt ist. Ihr Bestand
geht seit einigen Jahrzehnten immer weiter zurück. "Im vergangenen Jahr
hatten wir trotz der Pandemie aus vielen Ländern sehr interessante
Ergebnisse. Wir hoffen, dass die Menschen das Projekt auch in diesem Jahr
nutzen, um ein wenig Ruhe und Ausgleich in der Natur zu finden, und uns
ihre Beobachtungen zur Verfügung stellen", sagt Projektleiterin Dr. Tsip
Aavik von der Universität Tartu in Estland.
Weitere Informationen zum Projekt unter:
https://nurmenukk.ee/
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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