31.01.2021
Als Flüsse durch eine grüne Sahara flossen
Große Teile der heutigen Sahara-Wüste waren vor Tausenden von Jahren grün.
Davon zeugen zum Beispiel prähistorische Steinzeichnungen von Giraffen,
Krokodilen und sogar schwimmenden Menschen.
Diese Illustrationen zeichnen jedoch nur ein grobes Bild der damaligen Lebensbedingungen. Die Analyse
von Sedimentkernen aus dem Mittelmeer vor der Küste Libyens kombiniert mit
Erdsystemmodellen erzählt die Geschichte der großen Umweltveränderungen in
Nordafrika der letzten 160.000 Jahre. Cécile Blanchet vom Deutschen
GeoForschungsZentrum GFZ und ihre Kollegen aus Deutschland, Südkorea, den
Niederlanden und den USA berichten darüber heute in der Zeitschrift Nature Geoscience.
Gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung GEOMAR in Kiel
organisierte und beteiligte sich ein Forscherteam im Dezember 2011 an
einer Expedition des niederländischen Forschungsschiffes Pelagia in den
Golf von Sirte. „Wir vermuteten, dass, als die Sahara noch grün war, in
derzeit trockenen Flussbetten Wasser strömte, das Partikel in den Golf von
Sirte verfrachtete“, sagt Hauptautorin Cécile Blanchet. Solche Sedimente
würden zu einem besseren Verständnis davon beitragen, wann und unter
welchen Umständen diese Flüsse möglicherweise reaktiviert werden, und
gleichzeitig einen klimatischen Kontext für die frühe Menschheitsgeschichte schaffen.
Mithilfe eines sogenannten Schwerelots konnten die Forschenden zehn Meter
lange Sedimentkerne aus dem Meeresschlamm bergen. „Man kann sich das
vorstellen wie eine riesige Hohlnadel, die in den Meeresboden gestanzt
wird“, sagt Mitautorin Anne Osborne vom GEOMAR, die an Bord des
Forschungsschiffes war. Die Schichten enthalten Sedimentpartikel und
Pflanzenreste, die vom nahegelegenen Kontinent hereingeschwemmt wurden,
sowie Schalen von Mikroorganismen, die im Meer lebten und abstarben. Die
Partikel erzählen die Geschichte der klimatischen Veränderungen in der
Vergangenheit. „Durch die Kombination der Sedimentanalysen mit den
Ergebnissen unseres hochmodernen Erdsystemmodells können wir nun die
Klimaprozesse genau verstehen und so die drastischen Veränderungen der
nordafrikanischen Umwelt in den letzten 160.000 Jahren erklären“, fügt
Koautor Tobias Friedrich von der Universität Hawaii hinzu.
Aus früheren Arbeiten war bereits bekannt, dass mehrere Flüsse episodisch
durch die Region flossen, die heute eines der trockensten Gebiete der Erde
ist. Die erstmalige Rekonstruktion von Blanchet und ihren Kolleginnen und
Kollegen aus Deutschland, Südkorea, den Niederlanden und den USA deckt die
letzten 160.000 Jahre kontinuierlich ab und bietet ein umfassendes Bild
davon, wann und warum es in der Zentralsahara genügend Niederschläge gab,
um diese Flüsse wieder zu reaktivieren. „Wir fanden heraus, dass es die
minimalen Schwankungen der Erdbahn und das Zu- und Abnehmen der polaren
Eisschilde sind, die den Wechsel von feuchten Phasen mit hohen
Niederschlägen einerseits, und langen Perioden fast vollständiger
Trockenheit andererseits herbeiführen“, erklärt Blanchet.
Die fruchtbaren Perioden dauerten im Allgemeinen fünftausend Jahre. In
jenen Zeiten breitete sich die Feuchtigkeit über Nordafrika bis zur
Mittelmeerküste aus. Für die Menschen der damaligen Zeit führte dies zu
drastischen Veränderungen der Lebensbedingungen, was wahrscheinlich große
Wanderungsbewegungen in Nordafrika zur Folge hatte. „Mit unserer Arbeit
haben wir dem Bild der vergangenen Landschaftsveränderungen der Sahara
einige wesentliche Puzzleteile hinzugefügt, die zu einem besseren
Verständnis der menschlichen Evolution und der Migrationsgeschichte
beitragen“, so Blanchet. „Die Kombination von Sediment-Daten mit
Modellergebnissen war entscheidend, um zu verstehen, was in der
Vergangenheit den Wechsel zwischen feuchten und trockenen Phasen in
Nordafrika kontrollierte. Das ist besonders wichtig, weil diese Region als
Folge des Klimawandels vermutlich intensive Dürreperioden erleben wird.“
Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum
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