15.12.2020
BVL ermöglicht Bekämpfung gravierender Viruserkrankung bei Rüben
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat am 14.Dezember 2020 auf Grundlage des Artikels 53 der EU- Pflanzenschutzmittelverordnung dem Pflanzenschutzdienst Nordrhein-Westfalen eine Notfallzulassung zur begrenzten Saatgutbehandlung und Aussaat von Zuckerrübensaatgut mit dem Wirkstoff Thiamethoxam vom 1.Januar 2021 bis 30.April 2021 erteilt.
Die Saatgutbehandlung schützt die jungen Pflanzen gegen Blattläuse, die
mit ihrer Saugtätigkeit verschiedene Vergilbungsviren übertragen und mit
anderen Pflanzenschutzverfahren oder zugelassenen Pflanzenschutzmitteln
nicht hinreichend wirksam bekämpft werden können. Sie ist nur im
geschlossenen System in zertifizierten Beizanlagen zulässig.
Das Virus hatte sich zuletzt in vielen Anbaugebieten der EU von Westen her
ausgebreitet und auch in Deutschland regional zu gravierenden
Pflanzenschäden und Ertragsverlusten geführt. Ohne wirksame Blattlaus-
Bekämpfung in Hotspot-Gebieten muss von einer starken Ausbreitung der
Rüben-Krankheit ausgegangen werden. Die Zulassung ist daher aus
pflanzenepidemiologischer Sicht notwendig. Nur so kann die Ausbreitung der
Viren bei Rüben eingedämmt werden.
Die Pflanzenzüchtung in Deutschland arbeitet – auch mit Förderung durch
das BMEL – an der Entwicklung virustoleranter Zuckerrüben-Sorten, die
einen Virusbefall ohne wesentliche Ertragseinbußen verkraften. Diese
Sorten stehen allerdings derzeit noch nicht zur Verfügung. Auch deshalb
ist die Notfallzulassung von Cruiser 600 FS durch das BVL nötig.
Das BVL erwartet, dass weitere Bundesländer mit starkem Virusbefall
ähnliche Anträge stellen werden. Das Risiko für Nichtzielorganismen durch
die Aussaat des behandelten Zuckerrübensaatgutes ist gering, da
Zuckerrüben im Anbaujahr nicht blühen und daher wenig attraktiv für
Bestäuber sind. Insbesondere um bestäubende Insekten vor Schäden zu
schützen, wurden die Notfallzulassungen zusätzlich mit strengen Auflagen
vor allem zum Insektenschutz verbunden:
* Die Saatgutbehandlung darf nur in zertifizierten Einrichtungen
erfolgen.
* Die durch die Aussaat ausgebrachte Dosis wurde durch eine
verringerte Aussaatstärke und geringeren Mittelaufwand je Saatguteinheit
deutlich reduziert auf 49,5 g Wirkstoff je Hektar (gegenüber 78 g/ha bei
früheren Zulassungen).
* Ein anbaubegleitendes Monitoring zur Beobachtung möglicher
Umwelteffekte ist durchzuführen.
* Blühende Zwischenfrüchte dürfen auf der Fläche nicht ausgesät
werden.
* Als Folgekultur dürfen nur Pflanzen angebaut werden, die für
Bienen nicht attraktiv sind.
* Imker oder Bienensachverständige im Umkreis der Aussaatflächen
sind vor der Aussaat zu informieren.
Außerdem hat sich das antragstellende Bundesland Nordrhein-Westfalen
verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um
sicherzustellen, dass mit Cruiser 600 FS behandeltes Saatgut nur dort
eingesetzt wird, wo dies zur Abwehr großer Schäden im Rübenanbau notwendig
ist. Dafür wird das Bundesland Nordrhein-Westfalen rechtlich verbindliche
Maßnahmen (z. B. durch eine Rechtsverordnung oder Allgemeinverfügung nach
§6 und §8 des Pflanzenschutzgesetzes) erlassen, um die Risikominderung
ab der Aussaat und über den 30. April 2021 der Notfallzulassung hinaus zu
gewährleisten. Durch diese ergänzenden Maßnahmen in der Verantwortung des
Landes war es dem BVL möglich, die Notfallzulassung zu genehmigen.
Hintergrund
Das BVL hat am 14.Dezember 2020 die Notfallzulassung zur Saatgutbehandlung
von Zuckerrübensaatgut mit dem Mittel Cruiser 600 FS für das Bundesland
Nordrhein-Westfalen auf einer Fläche von 40.000 ha ausschließlich für
Hotspots in den westlichen Landesteilen (Anbaugebieten der Zuckerfabriken
Euskirchen, Jülich und Appeldorn) erteilt. Die durch die Aussaat
ausgebrachte Dosis wurde durch weitere Beschränkungen der Aufwandmenge je
Kilogramm Saatgut und die Verringerung der Aussaatstärke (Pflanzen je
Hektar) gegenüber früheren Zulassungen deutlich reduziert.
Notfallzulassungen werden nach Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr.
1107/2009 genehmigt. Ein grundsätzlicher Ausschluss von auf EU-Ebene nicht
genehmigten Wirkstoffen, ist dort nicht festgelegt. Notfallzulassungen
werden erteilt, sofern eine Gefahr nicht anders abzuwenden ist.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
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