04.11.2019
Unstatistik des Monats: Klimapaket macht Flugtickets wesentlich teurer
Die Unstatistik des Monats Oktober ist die Prognose, dass Inlandsflüge
durch das Klimapaket der Bundesregierung deutlich verteuert würden.
Tatsächlich zeigen Beispiele, dass kein enormer Preisanstieg durch das Klimapaket zu erwarten ist.
Die Unstatistik des Monats Oktober ist die Prognose, dass Inlandsflüge
durch das Klimapaket der Bundesregierung deutlich verteuert würden.
Mehrere Medien dramatisieren die angekündigte Erhöhung der
Luftverkehrssteuer. Beispielsweise schreibt die Berliner Morgenpost, Flüge
würden wohl „spürbar teurer“, die BILD-Zeitung titelt: „STEUER UM 76
PROZENT RAUF - GroKo macht Flugtickets noch mal teurer!“ und auch ein
Nachrichtenbeitrag auf dem Netzwerk LinkedIn prognostiziert: „Inlandsflüge werden wohl deutlich teurer“.
In allen genannten Beiträgen wird argumentiert, dass die Erhöhung der
Steuer auf Inlandsflüge von derzeit 7,50 Euro auf 13,03 Euro einer
Steigerung um 76 Prozent entspricht. Bei Auslandsflügen sei immerhin eine
Steigerung von 41 Prozent (von 42,18 Euro auf 59,43 Euro) vorgesehen.
Dabei fällt unter den Tisch, dass sich die absoluten Erhöhungen auf gerade
einmal 5,53 Euro beziehungsweise 17,25 Euro belaufen – und sich am Ende in
Form weitaus geringerer relativer Erhöhungen auf die Ticketpreise
auswirken werden. Besonders irreführend ist deshalb die Schlussfolgerung
der Berliner Morgenpost, die in unmittelbarer Nähe zu den Prozentangaben
zu finden ist: „Da die Fluggesellschaften die Abgaben in der Regel
komplett an die Kunden weiterreichen, dürften die Steuererhöhungen ab dem
Frühjahr 1:1 auf die Ticketpreise durchschlagen.“
Beispiele zeigen: kein enormer Preisanstieg durch Klimapaket zu erwarten
Eine kurze, illustrative Recherche soll dies an drei innerdeutschen
Flugzielen demonstrieren: Dem Flughafen Berlin-Tegel, der von einer
Billigfluglinie angeflogen wird, dem großen und hoch frequentierten
Flughafen Hamburg und dem kleineren Flughafen Saarbrücken mit einem
Oligopol weniger Fluglinien. Für jeden Flughafen haben wir einen
morgendlichen Hinflug von München und einen Rückflug am selben Abend
recherchiert – einmal kurzfristig mit einem Tag Vorlauf, einmal
langfristig für den kommenden Monat.
Nach Berlin kosten die billigsten Tickets für den kurzfristig anberaumten
Hin- und Rückflug rund 135 Euro, für den langfristig anberaumten Flug rund
65 Euro. Diese Flüge würden sich um rund 4,1 Prozent bis rund 8,5 Prozent
verteuern. Für einen Flug nach Hamburg müsste man kurzfristig 390 Euro auf
den Tisch legen, mit etwas Vorlauf noch 160 Euro. Die Verteuerung durch
die Steuer beträgt rechnerisch 1,4 Prozent bis 3,5 Prozent. Nach
Saarbrücken zu fliegen, kostet bei einem Flug am übernächsten Tag satte
830 Euro, in einem Monat immerhin noch 570 Euro. Hier schlägt die
Steuererhöhung mit gerade einmal 0,7 Prozent bis knapp 1 Prozent durch.
„Spürbar“, aber kaum „deutlich“ wäre die Erhöhung wohl nur im ersten Fall,
beim Billigflug nach Berlin. Allerdings sehen es Pläne des Verkehrs- und
Wirtschaftsministeriums zudem vor, den Billigfluganbietern per Verordnung
zu untersagen, ihre Tickets unter den Kosten von Steuern, Entgelten und
Zuschlägen anzubieten. Schon deshalb wird sich der Effekt der
Steuererhöhung weiter reduzieren, weil der Ausgangspreis von 66 Euro unter
diesen Vorgaben kaum zu halten sein dürfte.
Auch wenn die Berechnung der prozentualen Steuererhöhungen mathematisch
nicht zu kritisieren ist, so ist es doch die implizite, dramatisierende
Botschaft an den Leser, die aus einer Mücke einen Elefanten macht. Umso
erfreulicher sind Positiv-Beispiele wie der Artikel auf ZEIT online, der
auf die Angabe prozentualer Veränderungen verzichtet und die
Steuererhöhung als das bezeichnet, was sie ist – relativ klein.
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
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