04.11.2019
Robinie, Baum des Jahres 2020
Die Stiftung -Baum des Jahres- hat am 24.10.2019 die Robinie ausgewählt.
Mit ihrer üppigen Blütenpracht ist die Robinie nicht zu übersehen. Im Frühsommer leuchten ihre Kronen wie große weiße Wattebäusche an Waldrändern, Feldgehölzen und in Ortschaften. Doch so schön sie ist: die Robinie ist nicht unumstritten.
Wir haben den Präsidenten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und
Forstwirtschaft (LWF) und ausgewiesenen Baumexperten Olaf Schmidt zur
Robinie als neuem Baum des Jahres befragt.
Vor über 300 Jahren wurde die Robinie in Mitteleuropa eingeführt. Sie ist
eine Meisterin im Besiedeln der unwirtlichsten Lebensräume, sie hat ein
extrem haltbares Holz und ist eine wertvolle und ausgiebige Bienenweide.
Für die einen ist sie eine zukunftssichere Baumart im Klimawandel, für die
anderen ein invasiver Neophyt, der Naturkleinode bedroht.
Wir haben den Präsidenten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und
Forstwirtschaft (LWF) und ausgewiesenen Baumexperten Olaf Schmidt zur
Robinie als neuem Baum des Jahres befragt. Die aktuelle Neuerscheinung
"Trau! Schau! Wem? - Nichtheimische Baumarten in der Forstwirtschaft" von
LWF-aktuell liefert eine kritische Analyse zu Chancen und Risiken dieser
Baumarten für die Stabilisierung unserer Wälder im Klimawandel.
- Sehr geehrter Herr Schmidt: Hat sie die Auswahl der Robinie als Baum des
Jahres überrascht?
Olaf Schmidt: Nein, eigentlich war ich nicht überrascht, denn es standen
drei Kandidaten zur Auswahl, Kornelkirsche, Silberpappel und Robinie, und
da habe ich schon mit der Robinie gerechnet. Kornelkirsche ist keine
Baumart, auch wenn es einzelne, alte baumförmige Kornelkirschen gibt, und
die Silberpappel ist eine Auwaldbaumart, ähnlich wie die Flatterulme als
Baum des Jahres 2019;
- Robinie – was fällt Ihnen dazu als Erstes ein?
Akazienhonig – die Robinie ist eine hervorragende Bienenweide und wurde
daher auch aktiv von Imkern verbreitet.
- Wie der wissenschaftliche Name Robinia pseudoacacia oder auch
Scheinakazie nahelegt, gibt es Ähnlichkeiten zur südländischen Akazie. Welche sind das?
Die Robinie besitzt fein gefiederte Blätter und manchmal auch eine
abgeflachte Kronenform, so dass sie gewisse äußere Ähnlichkeiten mit den
echten Akazien aufweist. Die Akazien sind aber Baumarten aus den Subtropen
und Tropen. Die Heimat der Robinie liegt im östlichen Nordamerika.
- Was schätzen Sie als Förster an der Robinie
Ich schätze vor allem das sehr haltbare, dauerhafte Holz der Robinie. Es
ist auch ohne Holzschutzmittel im Freien sehr dauerhaft, so dass es zum
Beispiel für Gartenmöbel genutzt werden kann. Man spricht auch wegen
seiner Haltbarkeit vom “Teak des Nordens”. In der Schutzwaldverbauung in
den Alpen und bei Spielgeräten auf Spielplätzen spielt die Verwendung von
Holz der Robinie eine große Rolle. Der Kern ist auffällig grünlich
gefärbt. Bei der Bearbeitung des Robinienholzes müssen die
Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden, da der Holzstaub der Robinie
aufgrund der vielfältigen Inhaltsstoffe allergene Wirkung zeigen kann.
- Welche ökologische Bedeutung hat die Robinie darüber hinaus?
Bei uns ist die Robinie ja nicht heimisch, aber unsere blütenbesuchenden
Insekten, wie die Honigbiene, aber auch andere Insekten, wie zum Beispiel
Schwebfliegen, lieben die Blüten der Robinie. Die Robinie blüht circa 2
Wochen so Ende Mai/Anfang Juni, sie ist hervorragender Nektarspender. Ihr
Nektar enthält viel Fruktose und bleibt daher lange flüssig. Die weißen,
duftenden Blüten sind eine wahre Augenweide und in Städten, Parks,
Grünanlagen, an Waldrändern ist die Robinie ein ornamentaler Schmuckbaum.
- Gibt es in Deutschland größere mehr oder minder reine Robinien-Waldbestände?
In Mitteleuropa gibt es die größten Robinien-Bestände in Ungarn, die dort
fast 1/4 der gesamten ungarischen Waldfläche einnehmen. In Deutschland
stocken Robinien-Bestände vor allem in Brandenburg, Sachsen und Rheinland-
Pfalz. In Bayern wurde sie vor allem auf den sandigen Standorte vor allem
im Regnitz-Gebiet um Nürnberg und Bamberg, forstlich angebaut. In der
freien Landschaft sieht man Robinien häufig an Bahndämmen, auf
Ruderalstandorten; in Sachsen und Brandenburg hat sie Bedeutung bei der
Aufforstung von Bergbaufolgelandschaften bzw. von Halden.
- Die Robinie hat als Pflanze in bestimmten Bereichen einen deutlich
invasiven Charakter. Sehen sie eine Bedrohung durch die Robine?
Die Robinie ist vom Verhalten her eine Pionierbaumart mit schnellem
Jugendwachstum, frühzeitiger Fruktifikation, reicher Wurzelbrut und als
Leguminose mit stickstoffsammelnden Bakterien an den Wurzeln. Diese
Eigenschaften können zu einem invasivem Eindringen der Robinie in
naturschutzfachlich wertvolle Biotope, zum Beispiel Trockenrasen und
Magerstandorte führen. Durch ihr leicht zersetzliches Laub und durch ihre
stickstoffsammelnden Wurzelbakterien kann sie Standorte verändern und
eutrophieren. Es treten dann nitrophile Pflanzen, wie zum Beispiel
Holunder, Brennnessel häufiger auf. Ein invasives Eindringen in
Laubmischwälder auf mittleren und besseren Standorten ist nicht zu
erwarten. Man muss die Ansprüche der Baumart kennen, dann kann man auch
mit dieser Baumart umgehen. Meine Auffassung ist es sowieso, dass
Baumarten die Biodiversität nicht bedrohen .
- Woher kommt die Robinie und wann wurde sie nach Europa eingeführt?
Die Robinie stammt aus dem östlichen Nordamerika und sie wurde schon als
eine der ersten amerikanischen Baumarten nach Europa im 17.Jahrhundert
eingeführt. Ihr Name soll auf den französischen Botaniker Robin zurückgehen.
- Besitzt die Robinie als Baumart bei uns Feinde bzw. Schaderreger?
Ja, an der Robinie treten vor allem als parasitische Holzpilze der
Eschenbaumschwamm und der Schwefelporling auf. Unterdessen haben auch zwei
Miniermotten an der Robinie und eine Gallmücke den Weg von ihrem
Heimatgebiet nach Europa gefunden. Sie bedrohen aber die Robinie nicht.
Vom Schalenwild und vom Weidevieh wird das eiweißreiche Laub der Robinie
gerne gefressen. Die Rinde der Robinie ist aber giftig. Für Menschen sind
alle Teile der Pflanze ungenießbar und schädlich.
- Zum Schluss: Welcher der jetzt inzwischen 32 Bäume des Jahres ist ihr persönlicher Favorit?
Als Forstmann gefallen mir eigentlich alle Baumarten ! Ich bin ja auch
dendrologisch sehr interessiert! Aber wenn ich einen Favoriten nennen
soll, dann ist es für mich die Vogelbeere ! Diese Baumart begleitet mich
seit meiner Kindheit und ich freue mich als Vogelfreund über den Besuch
verschiedenster Vogelarten an der Vogelbeere, um dort die Beeren zu fressen.
- Und welche Baumart würden Sie gerne nächste Jahr als Baum des Jahres nominiert sehen und warum?
Nun sind ja schon fast alle unserer Baumarten einmal Baum des Jahres
gewesen. Wir besitzen ja in Mitteleuropa nur eine relativ kleine
Baumartenanzahl. Aus waldökologischen Gründen würde ich mich über die
Gemeine Traubenkirsche (Prunus padus) oder die Salweide (Salix caprea) als Baum des Jahres freuen.
Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.lwf.bayern.de/boden-klima/baumartenwahl/229605/index.php Zu Chancen und Risiken nichtheimischer Baumarten in der Forstwirtschaft - LWF aktuell 123 "Trau! Schau! Wem?"
https://www.lwf.bayern.de/boden-klima/baumartenwahl/144538/index.php Forschungsprojekt der LWF zu seltenen (heimischen und nicht-heimischen) Baumarten im Klimawandel
https://www.baum-des-jahres.de/robinie/
Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
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