09.09.2019
Unstatistik des Monats: Verwirrung um Nitrat
Laut eines Artikels in der Rheinischen Post ist die Nitratbelastung deutscher Böden in den Jahren 2013 bis 2017 insgesamt gestiegen. Diese Aussage ist durch die zugrundeliegenden Daten aber nicht gedeckt, weil Messpunkte verändert und 2017 Höchstwerte statt Jahresdurchschnittswerte verwendet wurden.
Die Unstatistik des Monats August ist ein Artikel aus der Rheinischen Post
vom 8. des Monats. Unter der Überschrift „Immer mehr Nitrat im
Grundwasser“ kommentiert die Rheinische Post darin die Antwort der
Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen. Demnach nahm der
mittlere Nitratgehalt an den 15 am stärksten belasteten deutschen
Messpunkten von 2013 bis 2017 um rund 40 Milligramm pro Liter zu. Daraus
folgt aber nicht, wie von der Rheinischen Post fälschlicherweise
kolportiert, dass die Nitratbelastung insgesamt gestiegen ist. Sie ist
vermutlich, wie schon in den Vier-jahres-Zeiträumen davor, weiter gefallen.
Erstens sind die Messpunkte nicht die gleichen – im Jahr 2017 wurden
verschiedene Messpunkte aus dem Jahr 2013 gegen bekannte Hochnitrat-
Messstellen ausgetauscht. Die Werte an den 2013er Messpunkten sind bis
2017 im Mittel gefallen. Und zweitens gingen 2013 die Jahresdurchschnitts-
werte, im Jahr 2017 aber die Höchstwerte (über ausgewählte Tage) in die
Analyse ein. Die Meldung aus der Rheinischen Post ist also statistisch
gesehen der gleiche Unfug, als wollte man die Veränderung der jährlichen
landesweiten Niederschlagsmenge durch einen Vergleich der 15 jeweils
feuchtesten Orte ermitteln (und dann auch noch für ein Jahr basierend auf
dem Durchschnitt pro Ort, das andere Jahr basierend auf dem Tagesmaximum).
Damit ist natürlich nichts gegen eine sinnvolle Messung der
Nitratbelastung in Flüssen, Seen und im Grundwasser gesagt. Deren
Begrenzung und Absenkung ist Gegenstand einer der ersten
Umweltschutzdirektiven der EU, der Nitratrichtlinie von 1991. Das dazu
nötige europaweite Messnetz ist allerdings wissenschaftlich durchaus
angreifbar. Wie schon in der Meldung der Rheinischen Post werden speziell
in Deutschland Messstellen gerne ausgetauscht beziehungsweise mit Bedacht
in Hochbelastungsregionen angelegt. Dagegen wäre auch nichts einzuwenden,
wäre man an der zeitlichen Entwicklung der Maxima interessiert. Zum Betrug
wird diese Vorgangsweise immer dann, wenn man das Ergebnis als
landesweiten Durchschnitt verkauft. Hier zeigt sich, dass bei
unveränderten Messpunkten die Belastung eher sinkt.
Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.unstatistik.de (Alle „Unstatistiken“ im Internet)
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
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