12.08.2018
Wer sich für Stechmücken einsetzt, macht sich keine Freunde
Biodiversitätsforscher Axel Hochkirch kritisiert Kampagne der Bill+Melinda Gates Stiftung
Welche Tiere töten die meisten Menschen? Moskitos! – so lautet der Aufhänger einer aktuellen Kampagne der Bill + Melinda Gates Foundation. Der Microsoft-Mitbegründer investiert Millionen in die Bekämpfung von Malaria. „Es ist eine schlimme Krankheit“, sagt Axel Hochkirch, Professor für Biogeographie an der Universität Trier, „doch mich hat die generelle Verurteilung von Mücken in der Kampagne gestört.
Nur wenige der über 3500 Mücken-Arten weltweit übertragen Krankheiten. Zudem ist es der Malaria-
Erreger (Parasiten der Gattung Plasmodium), der die Krankheit auslöst.
Stechmücken aus der Gattung Anopheles sind nur die Überträger. Es werden
also die Boten bekämpft und nicht die eigentlichen Verursacher von
Malaria.“ In einem Kommentar in der renommierten Fachzeitschrift „Science“
klärt Hochkirch daher zusammen mit Kollegen über die Lage auf.
„Wer sich für Stechmücken einsetzt, macht sich keine Freunde“, sagt der
Trierer Biodiversitätsforscher. Nichtsdestotrotz ergreift er Partei für
die ungeliebten Plagegeister. „Für unser Ökosystem sind Stechmücken
unverzichtbar. Sie sind nicht nur Nahrung für viele andere Lebewesen,
sondern auch ein Ausdruck für ein gesundes Ökosystem.“ Hochkirch freut
sich daher auch, wenn in Deutschland Insektenarten wieder zurückkehren,
die man vor einigen Jahren noch ausgerottet hat. So haben zum Beispiel
zahlreiche Libellenarten von der Renaturierung und besseren Wasserqualität der Fließgewässer profitiert.
Doch mehr noch liegt ihm die Situation der biologischen Vielfalt in den
Tropen am Herzen – eben dort, wo die Bill Gates Foundation den Moskitos an
den Kragen möchte. Dort könne man komplette Ökosysteme zerstören, warnt
er, die sich nicht so einfach wiederherstellen lassen, da anders als in
Mitteleuropa viele Insektenarten in den Tropen nur sehr kleine
Verbreitungsgebiete haben. Zusammen mit den anderen Wissenschaftlern weist
er in seinem Artikel deswegen darauf hin, dass die Brutstätten der
Moskitos, die Malaria, Zika und Co. übertragen, hauptsächlich von Menschen
geschaffene „Kleinstgewässer“ sind. Die Mücken vermehren sich besonders
gut in Wasserflaschen, Plastikabfall oder Regentonnen. Oft werde das Gift
jedoch großflächig auch über Binnengewässern eingesetzt, wo zahlreiche
andere Insektenarten davon getroffen werden. Der Appell der
Wissenschaftler: Man sollte den Fokus nicht auf die Bekämpfung eines
vermeintlichen Sündenbocks legen, sondern gezielt den Umweltschutz fördern
und die künstlichen Brutstätten im Müll bekämpfen.
http://www.uni-trier.de
Universität Trier
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