24.03.2018
Mehr Wildbienenarten im Botanischen Garten München
Mindestens 106 Wildbienenarten kommen im Botanischen Garten München-Nymphenburg vor, eine Zahl, die sich in den letzten Jahren durch das Hinzukommen von 15 wärmeliebenden Arten erhöht hat.
Eine weit verbreitete Fehleinschätzung ist es, dass am derzeit
festgestellten drastischen Insektenrückgang auch die Klimaerwärmung mit
schuld sein könnte. Es ist jedoch schon lange bekannt und nachgewiesen,
dass diese eher zu einer Vermehrung der Insektenanzahl führen würde, denn
wärmeliebende Insekten sind in mediterraneren Klimaten, und natürlich den
Tropen, schon immer zahlreicher als in mehr nördlichen Breiten. Dabei ist
es oft nicht einfach, die direkten Auswirkungen von Klimaerwärmung auf die
Artenzusammensetzung einer bestimmten Insektengruppe (zum Beispiel der
Wildbienen) in einem Lebensraum zu erforschen – denn das Klima wirkt sich
nicht nur mit Temperatur sondern auch über den damit verbundenen
Wasserhaushalt auf den Lebensraum direkt aus, vor allem auf die
Nahrungspflanzen der Insekten, die zum Beispiel mit Dürre zu kämpfen
haben. Botanische Gärten stellen daher so etwas wie künstliche,
„optimierte“ aber langzeitig stabile Lebensräume für blütenbesuchende
Insekten dar, denn dort blühen jedes Jahr die gleichen Pflanzenarten, auch
bei längerer Trockenheit, denn es wird künstlich bewässert. Lediglich die
Temperatur ändert sich auch für die Pflanzen und Insekten dort mit der
Klimaerwärmung. Der Artenreichtum des Botanischen Gartens München – an
heimischen Wildpflanzen wie auch Zier- und Nutzpflanzen – seine geschützte
Lage und die Nichtanwendung von chemischem Pflanzenschutz sind seit der
Eröffnung des Gartens 1914 unverändert geblieben. Eine erste
Inventarisierung der Wildbienenfauna des Botanischen Garten München fand
in den Jahren 1997-1999 statt – nun wurden fast 20 Jahre später die dort
vorkommenden Wildbienenarten erneut dokumentiert. Doktorandin Michaela
Hofmann von der LMU München hat zusammen mit Dr. Andreas Fleischmann von
der Botanischen Staatssammlung München (SNSB-BSM) von 2015 bis 2017
jeweils von Frühjahr bis Herbst auf regelmäßigen Kontrollgängen durch den
Botanischen Garten alle gefundenen Bienen dokumentiert – bei größeren
Arten war das teilweise schon anhand von guten Makrofotos möglich, bei
vielen kleinen und schwierig zu bestimmenden Wildbienenarten war eine
genaue Bestimmung nur durch DNA-Abgleich mit dem Barcoding-Projekt Fauna
Bavarica der Zoologischen Staatssammlung (SNSB-ZSM) möglich. Nun wurden
die Ergebnisse dieser Wildbienen-Erfassung zusammen mit der LMU-
Wissenschaftlerin und Leiterin des Botanischen Gartens, Prof. Susanne
Renner in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Oecologia veröffentlicht.
Die Ergebnisse sind überraschend deutlich: wurden 1997-1999 noch 79
Wildbienenarten im Botanischen Garten nachgewiesen, konnten 20 Jahre
später 106 Arten gefunden werden. Im gesamten Stadtgebiet München sind
seit 1990 192 Bienenarten von Insektenkundlern gefunden worden, das heißt
55% aller Münchner Bienenarten kommen auch im Botanischen Garten mit
seinem reichhaltigen Angebot an Nahrung und Nistplätzen vor. Eine
Untersuchung der Temperaturpräferenzen der neu gefundenen und der nicht
mehr gefundenen Arten ergab: von den 1997-1999 nachgewiesenen 79 Arten
wurden 62 von 2015 bis 2017 wiedergefunden (einige davon sind heute sehr
viel häufiger), aber 15 wärmeliebende Wildbienenarten wurden erstmals
gefunden. Drei Wildbienenarten, die eher kühlere Lebensräume (wie Wälder)
bevorzugen, wurden nicht wiedergefunden. Zwischen 1997 und 2017 hat sich
die durchschnittliche Temperatur während der Vegetationszeit in München um
0.5 °C erhöht, während die Winter immer kürzer wurden. Unter den zwischen
2015 und 2017 neu im Botanischen Garten "angekommenen" Bienen sind
entsprechend mehrere Arten, die bis vor ca. 20 Jahren nur von den
Wärmeinseln Deutschlands bekannt waren. Dazu gehört zum Beispiel die große
und auffällige Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea), die Gelbbindige
Furchenbiene (Halictus scabiosae), die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta)
und die Natternkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca). Keinerlei Zusammenhang
konnte dagegen gefunden werden zwischen Verschwinden oder Neufund und dem
Rote-Liste-Status oder den Nahrungspräferenzen der Arten (ob sie z.B. auf
bestimmte Blüten spezialisiert sind oder nicht) – lediglich die
Wärmepräferenzen der Bienenarten waren signifikant für ihr Vorkommen.
Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.snsb.de - Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
http://www.botanischestaatssammlung.de - Botanische Staatssammlung München
http://www.botmuc.de - Botanischer Garten München-Nymphenburg
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
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