17.01.2018
Essbare Insekten: Ekel Food oder Nahrung der Zukunft?
Mehlwurm-Burger, Grillen-Pesto oder Heuschrecken am Spieß: Was in anderen Ländern schon längst Alltag ist, ist in Europa ein relativ neuer Trend – Insekten als Lebensmittel. Doch wie kann bei einem solch neuartigen Lebensmittel sichergestellt werden, dass davon keine gesundheitliche Gefahr für die Verbraucher ausgeht?
Seit 1. Januar dieses Jahres herrscht hier Klarheit, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin mitteilte. Eine neue europäische
Verordnung regelt, wie essbare Insekten auf unseren Teller kommen können.
Eine neue EU-Verordnung schließt die bestehende Rechtslücke
Mehlwurm-Burger, Grillen-Pesto oder Heuschrecken am Spieß: Was in anderen
Ländern schon längst Alltag ist, ist in Europa ein relativ neuer Trend –
Insekten als Lebensmittel. Doch wie kann bei einem solch neuartigen
Lebensmittel sichergestellt werden, dass davon keine gesundheitliche
Gefahr für die Verbraucher ausgeht? Seit 1. Januar dieses Jahres herrscht
hier Klarheit, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin mitteilte. Eine neue europäische
Verordnung regelt, wie essbare Insekten auf unseren Teller kommen können.
Insekten werden in vielen Teilen der Welt ganz selbstverständlich
gegessen. Sie gelten als eiweißreich und verfügen über eine für den
Menschen günstige Nährstoffzusammensetzung. Auch die Haltung spricht für
Insekten. Sie benötigen weit weniger Futter als die konventionellen
Fleischlieferanten und produzieren nur einen Bruchteil der Treibhausgase,
die etwa Rinder erzeugen. Insekten können insofern zurecht als
Nahrungsmittel der Zukunft gelten und als echte Alternative zu
herkömmlichen Fleischprodukten.
Gleichzeitig wirft die Verwendung von Insekten als Lebensmittel viele
Fragen auf, denn Insekt ist nicht gleich Insekt. Weltweit gibt es
schätzungsweise 1.900 essbare Insektenarten. Ehe sie in deutschen
Supermarktregalen landen, müssen mögliche toxikologische und
mikrobiologische Risiken erforscht und bewertet werden. Ebenso ist die
Frage nach dem allergenen Potential eines Insekts zu klären (es gibt
Hinweise auf Kreuzallergien mit Krustentieren). Für jede Insektenart ist
eine gesundheitliche Risikobewertung notwendig - und zwar bevor sie zum Verbraucher gelangt.
Insekten als neuartige Lebensmittel
Bislang war die Rechtslage für Insekten als Lebensmittel nicht eindeutig.
Die europäische Verordnung über neuartige Lebensmittel (Novel Food-
Verordnung (EG) Nr. 258/97) regelte den Umgang mit Lebensmitteln, die vor
einem bestimmten Stichtag (15. Mai 1997) nicht in nennenswertem Umfang in
der Europäischen Union verzehrt wurden. Wollte ein Unternehmen solch ein
neuartiges Lebensmittel auf den Markt bringen, musste es einen
Zulassungsantrag bei der zuständigen nationalen Behörde, in Deutschland
beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL),
stellen. Mit den Antragsunterlagen musste das Unternehmen belegen, dass
das neuartige Lebensmittel auch sicher für die Verbraucher war. Allerdings
war nach der bisherigen Rechtslage unklar, ob auch ganze Insekten als
Novel Food gelten. In der Verordnung selbst wurden nur
„Lebensmittelzutaten, die aus Tieren isoliert wurden“ genannt. Ganze Tiere
wurden nicht explizit erwähnt.
Diese Rechtslücke führte zu sehr unterschiedlichen Interpretationen in den
verschiedenen EU-Mitgliedstaaten. Während Insekten etwa in den Benelux-
Staaten häufiger als Lebensmittel anzutreffen sind, gingen die deutschen
Überwachungsbehörden in den Bundesländern in der Regel strikter vor.
Eine neue EU-Verordnung schafft Klarheit
Seit dem 1. Januar 2018 gilt die neue Novel Food-Verordnung (EU)
2015/2283. Sie schließt die bestehende Rechtslücke und harmonisiert die
unterschiedlichen Vorgehensweisen innerhalb der Europäischen Union.
Insekten – sowohl ganze Tiere als auch Teile davon – werden in der neuen
Verordnung explizit genannt. Fortan gilt: Alle Insekten oder
insektenhaltige Produkte, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht
werden sollen, müssen vorab gesundheitlich bewertet und zugelassen werden.
Mit der neuen Verordnung ändert sich auch das Genehmigungsverfahren.
Anträge müssen jetzt nicht mehr in einem Mitgliedstaat eingereicht werden,
sondern direkt bei der Europäischen Kommission. Die Europäische Behörde
für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet dann die Antragsunterlagen, die
den Mitgliedstaaten nur noch zur Kenntnis gegeben werden.
Alternativ, und das ist seit dem 1. Januar 2018 ebenfalls neu, kann in
manchen Fällen auch das neue Anzeigeverfahren für traditionelle
Lebensmittel aus einem Drittstaat genutzt werden, wenn belegt werden kann,
dass das Lebensmittel dort seit mindestens 25 Jahren verzehrt wurde und
keine Sicherheitsbedenken auftraten. Es ist vorstellbar, dass einige
Lebensmittel aus bestimmten Insektenarten über diesen Weg eine Zulassung
für den europäischen Lebensmittelmarkt erhalten.
Mit der neuen Novel Food-Verordnung wird ebenfalls eine so genannte
Unionsliste eingeführt. Die Liste enthält alle bislang zugelassenen
neuartigen Lebensmittel, einschließlich der Produktspezifikationen und
Verwendungsbedingungen, mit denen sie zugelassen wurden. Sie wird von der
Europäischen Kommission laufend fortgeschrieben und ist öffentlich
einsehbar ( http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32017R2470).
Für Lebensmittelunternehmen bringt die Liste gewisse Vorteile mit sich,
denn ein einmal zugelassenes neuartiges Lebensmittel muss kein zweites Mal
zugelassen werden. Befindet sich also ein Lebensmittel auf der
Unionsliste, können andere Hersteller Produkte mit denselben
Spezifikationen und Verwendungsbedingungen auf den Markt bringen, ohne
erneut einen Zulassungsantrag stellen zu müssen.
Weiterführende Informationen:
http://www.bvl.bund.de/novelfood
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
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