28.11.2017
Masthähnchen sind häufig mit dem Zoonoseerreger Campylobacter belastet
BVL stellt Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung 2016 vor
Campylobacter haben mittlerweile Salmonellen als häufigsten bakteriellen Erreger für Durchfallerkrankungen in Deutschland abgelöst. Kontaminiertes Geflügelfleisch gilt als eine der Hauptquellen für eine Infektion mit Campylobacter.
Bei den im vergangenen Jahr von den Überwachungsbehörden
untersuchten Masthähnchen-Schlachtkörpern konnte der Krankheitserreger in
mehr als drei Viertel aller genommenen Halshautproben nachgewiesen werden,
wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
im Rahmen seiner Pressekonferenz am 28.11.2017 in Berlin mitteilte.
130 Halshautproben bei Masthähnchen wurden 2016 im Rahmen des Zoonosen-
Monitorings auf das Vorkommen von Campylobacter untersucht. In 100 Fällen
(76,9 %) wurde der Erreger nachgewiesen. Bei 274 Proben wurden
Keimgehaltsbestimmungen durchgeführt. Bei etwa einem Viertel der Proben
lagen die Campylobacter-Keimzahlen über dem ab nächstem Jahr EU-weit
geltenden Prozesshygienekriterium von 1.000 koloniebildenden Einheiten pro Gramm (KbE/g).
Das Prozesshygienekriterium für Campylobacter wird eingeführt, um die hohe
Kontaminationsrate in der Geflügelfleischkette zu senken. Künftig müssen
Betriebe, deren Schlachtkörper eine Campylobacter-Keimzahl oberhalb von
1.000 KbE/g aufweisen, geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der
Prozesshygiene einleiten. BVL-Präsident Dr. Helmut Tschiersky äußerte sich
dazu: „Geflügelfleisch ist zu häufig mit Campylobacter belastet. Ich bin
jedoch zuversichtlich, dass die Einführung des europaweiten
Prozesshygienekriteriums zu einer verbesserten Geflügelschlachthygiene
führen wird. Bei Salmonellen in der Geflügelfleischkette konnten mit den
EU-weiten Bekämpfungsmaßnahmen in den Haltungsbetrieben bereits deutliche Erfolge erzielt werden.“
Waren im Jahr 2011 noch 17,8 % der getesteten Halshautproben von
Masthähnchen Salmonella-positiv, betrug deren Anteil fünf Jahre später nur
noch 6,7 %. Auch bei frischem Hähnchenfleisch ist die Kontaminationsrate
mit Salmonellen von 7,6 % im Zoonosen-Monitoring 2009 auf 4,7 % im Jahr
2016 gesunken. Dieser Rückgang wirkte sich auch positiv auf die
Salmonellose-Erkrankungen beim Menschen aus, die im selben Zeitraum ebenfalls rückläufig waren.
Campylobacter und Salmonellen lösen beim Menschen Durchfallerkrankungen
aus. Bei geschwächten Personen können sie zu schweren Komplikationen
führen. Beide Erreger sind nicht hitzeresistent. Verbraucher sollten
Hähnchenfleisch deshalb nur gut durchgegart verzehren.
Hohe Keimbelastung bei Rohmilch aus Zapfautomaten
Rohmilch direkt vom Bauern erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Über so
genannte Milch-ab-Hof-Zapfautomaten können sich Verbraucher ihre Milch
direkt beim Erzeugungsbetrieb abfüllen. Rohmilch weist jedoch eine hohe
Keimbelastung auf. Von den 304 im Rahmen des Bundesweiten
Überwachungsplans (BÜp) 2016 untersuchten Rohmilch-Proben hatten 58 Proben
(19 %) eine Gesamtkeimzahl von über 105 KbE/ml. Zusätzlich wurden in den
Rohmilch-Proben diverse Krankheitserreger nachgewiesen – wie Listerien (in
4 % der Proben), Campylobacter (in 3 %) und E. Coli (in 2 %).
Das potentielle gesundheitliche Risiko von Rohmilch kann minimiert werden,
indem die Milch vor dem Verzehr abgekocht wird. Die Betriebe sind daher
gesetzlich dazu verpflichtet, den Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr
abkochen“ gut lesbar an der Abgabestelle anzubringen.
Dr. Stephan Koch, Abteilungsleiter im Sächsischen Staatsministerium für
Soziales und Verbraucherschutz und derzeit Vorsitzender der
Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz, betonte deshalb: „Rohmilch
ist ein empfindliches Lebensmittel, das aufgrund seiner Gewinnung
unmittelbar vom Tier im Stall mit bestimmten Krankheitserregern
kontaminiert sein kann, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind.
Der Konsum von Rohmilch kann somit ernste gesundheitliche Folgen haben.
Verbraucher sollten daher unbedingt den Hinweis an den Abgabestellen
beachten und die Milch zunächst abkochen.“
Vorsicht beim Verzehr von Leber und leberhaltigen Produkten
Bei Untersuchungen von Rinder-, Schweine- und Lamm-, beziehungsweise
Schafleber im Rahmen des Monitoring-Berichts 2016 wurde für alle Tierarten
ein Mittelwert von 23,0 mg Vitamin A/100g Leber ermittelt. Schweineleber
wies mit 29,9 mg Vitamin A/100g Leber im Mittel den höchsten Gehalt auf.
Beruhend auf den bekannten Verzehrmengen (durchschnittlich 3 Gramm pro
Tag) bedeutet dies: Allein durch den Verzehr von Leber nimmt ein Mensch im
Mittel täglich zwischen 0,5 und 0,8 mg Vitamin A auf. Damit würde der von
der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Tagesbedarf
alters- und geschlechtsabhängig zu 60 bis 80 % ausgeschöpft. Leber wird
zwar nur selten gegessen, dennoch können bei unüblichen längerfristigen
und hohen Verzehrmengen gesundheitsschädliche Folgen auftreten wie etwa
Leberschäden und bei Schwangeren Fehlbildungen des Embryos.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät daher vorsorglich,
während der Schwangerschaft auf den Verzehr von Leber aller Tierarten zu
verzichten. Während der Schwangerschaft und auch bei der Ernährung von
Kleinkindern sollten zudem leberhaltige Produkte, wie Leberwurst, nur
zurückhaltend konsumiert werden.
Bestimmte Umweltkontaminanten wie Dioxine oder dioxinähnliche
polychlorierte Biphenyle (dl-PCB) können sich in der Leber anreichern.
Lamm- bzw. Schafleber waren bereits bei vergangenen Monitoring-
Untersuchungen durch erhöhte Belastungen aufgefallen. Eine längerfristige
erhöhte Aufnahme dieser beiden Stoffe kann beim Menschen das Nerven-,
Immun- und Hormonsystem schädigen und die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.
Bei den aktuellen Untersuchungen wurden erneut erhöhte Gehalte gemessen.
Die geltenden Höchstgehalte wurden bei 5 % (Summenparameter für Dioxine)
bzw. 6 % (Summenparameter für Dioxine und dl-PCB) der Proben
überschritten. Das BfR hatte bereits 2014 daher generell vom Verzehr von Schafsleber abgeraten.
Keine Verbesserung bei Nickel in Metallspielzeug
Die Lebensmittelüberwachungsbehörden in den Bundesländern kontrollieren
ebenfalls Verbraucherprodukte auf unerwünschte Stoffe. Bereits 2012 wurde
Metallspielzeug im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplans (BÜp) auf das
Kontaktallergen Nickel untersucht. Von den 168 untersuchten Spielzeug-
Proben lagen 41 (24 %) oberhalb des gesetzlichen Grenzwerts von 0,5
µg/cm²/Woche. Besonders auffällig waren Metall- und Modellbaukästen mit
einer Überschreitungsrate von 87%.
2016 standen Metallspielzeuge erneut im Fokus der Überwachungsbehörden.
Von den 353 untersuchten Proben überschritten 75 (21 %) den geltenden
Grenzwert. Bei einem Metallbaukasten lag der gemessen Nickelanteil sogar
mehr als das 200-fache über dem Grenzwert.
Da davon auszugehen ist, dass beim Spielen mit Metall- und Modellbaukästen
ein längerer Hautkontakt besteht, sind diese Befunde besonders kritisch zu
sehen. Dr. Gerd Fricke, Abteilungsleiter im BVL, forderte deshalb: „Die
Hersteller von Metallspielzeug müssen endlich wirksame Maßnahmen zur
Reduzierung des Nickelgehalts in ihren Produkten ergreifen.“
Nickel ist das Kontaktallergen mit der höchsten Sensibilisierungsrate.
Etwa 10 % aller Kinder reagieren auf Nickel sensibel. Häufiger Hautkontakt
mit nickelhaltigem Spielzeug kann zu einer Nickel-Sensibilisierung von
Kindern beitragen.
Weiterführende Informationen:
http://bvl.bund.de/lebensmittelueberwachung2016
http://bvl.bund.de/zoonosenmonitoring2016
http://bvl.bund.de/lebensmittelueberwachung2016_praesentation
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
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