26.06.2017
Domestikation: Wie Katzen die Welt eroberten
Die Domestikation der Falbkatze zur Hauskatze fand sowohl in Ägypten als auch im Nahen Osten statt – und beide Linien haben ihre Spuren im Erbgut der europäischen Hauskatzen hinterlassen, wie eine neue Studie zeigt.
Katzen gehören zu den beliebtesten Haustieren und sind heute weltweit bis
in die entlegensten Gebiete verbreitet. Archäologische Funde deuten darauf
hin, dass sich Katzen schon vor fast 10.000 Jahren dem Menschen
angeschlossen haben. Trotzdem ist ihre Domestikationsgeschichte noch
weitgehend ungeklärt. Ein internationales Forscherteam konnte nun mithilfe
genetischer Analysen nachweisen, dass sowohl Katzen aus dem Nahen Ostern
als auch aus Ägypten zu den Vorfahren der heutigen Hauskatzen gehören. An
der Studie maßgeblich beteiligt war Professor Joris Peters, Inhaber des
Lehrstuhls für Paläoanatomie, Domestikationsforschung und Geschichte der
Tiermedizin der LMU sowie Leiter der Staatssammlung für Anthropologie und
Paläoanatomie, die einen wichtigen Teil des Probenmaterials zur Verfügung stellte.
Aus genetischen Untersuchungen an heutigen Katzen ist bekannt, dass alle
Hauskatzen auf die Falbkatze (Felis silvestris lybica) zurückgehen, eine
Unterart der Wildkatzen, die in Nordafrika und Südwestasien vorkommt. „Um
die Domestikationsgeschichte der Hauskatze aufzuklären, haben wir nun zum
ersten Mal das Erbmaterial von Katzenfunden aus archäologischen
Fundplätzen und historischen Sammlungen analysiert und verglichen“, sagt
Peters. „Diese Funde aus Europa, Afrika und Südwestasien, zu denen auch
ägyptische Katzenmumien gehören, erlauben quasi eine Zeitreise zum Beginn
der engeren Beziehung zwischen Mensch und Katze als Folge seiner
sesshaften Lebensweise mit Getreideanbau.“ Die ältesten untersuchten
Proben sind etwa 9000 Jahre alt, die jüngsten stammen aus dem 19.Jahrhundert.
Aus ihren Untersuchungen schließen die Wissenschaftler, dass das
Verbreitungsgebiet der Falbkatze vor dem Beginn des Ackerbaus in der
Jungsteinzeit viel größer war als bisher bekannt und bis Südosteuropa
reichte, wo es mit dem der europäischen Wildkatze (Felis silvestris
silvestris) überlappte. Die Umwandlung der Falbkatze zur Hauskatze hatte
zwei geografische Schwerpunkte: den Nahen Osten und Ägypten.
Die im Nahen Osten entstandene Hauskatzen-Linie breitete sich bereits etwa
4400 Jahre vor Christus bis nach Europa aus. Später waren es vor allem die
ägyptischen Katzen, die zur Zeit der Griechen und Römer entlang der
Handelsrouten im Mittelmeergebiet bis nach Europa kamen. „Vermutlich sind
viele Katzen an Bord von Handelsschiffen mitgenommen worden, um Ratten und
Mäuse in Schach zu halten“, sagt Peters. „Wie weit die Handelsrouten
reichten, zeigt eine Katzenlinie, die zur Wikingerzeit nach
Norddeutschland gekommen sein muss.“
Vor Ort mischten sich die zugereisten Katzen mit einheimischen Wildkatzen,
sodass es zu zahlreichen Hybridisierungen kam. Beispiele zeigen dabei eine
zeitliche Streuung derartiger Vermischungen. Eine Genmutation etwa, die
für ein typisches gestromtes Fellmuster verantwortlich ist und das bei
europäischen Hauskatzen heute sehr häufig vorkommt, entstand erst im
Mittelalter, also lange nach der Ankunft der ersten Hauskatzen in Europa.
Die Forscher vermuten daher, dass die Domestikation der Hauskatze zunächst
ihr Verhalten beeinflusste, und weniger ihre äußeren Merkmale.
Nature Ecology & Evolution 2017
https://www.nature.com/articles/s41559-017-0139
Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.lmu.de Ludwig Maximilians Universität München (LMU)
http://www.snsb.de Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns (SNSB)
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
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