13.04.2016
Verführerischer Geruch sichert Samenausbreitung
Wissenschaftler vom Deutschen Primatenzentrum haben die ökologische Rolle von Fruchtaromen
Die Obsttheke im Supermarkt quillt über vor exotischen Früchten in den schönsten Farben, es riecht nach Urlaub. Wir greifen nach einem roten Apfel und schnuppern an der Ananas: Ob sie schon reif genug ist? Früchte sind eine beliebte Nahrungsquelle, sie schmecken nicht nur gut, sie stecken auch voller Vitamine und Nährstoffe. Pflanzen produzieren attraktive Früchte, um ihre Vermehrung und Verbreitung sicher zu stellen.
Werden die Früchte nämlich von Tieren gefressen, so breiten diese die
Pflanzensamen mit ihrem Kot über weite Strecken aus. Es ist daher von
Vorteil für die Pflanze, wenn ihre reifen Früchte leicht erkannt und
gefunden werden. Wissenschaftler vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) in
Göttingen und ihre internationalen Kooperationspartner haben in zwei
kürzlich veröffentlichten Studien gezeigt, dass manche Pflanzen Früchte
tragen, die je nach Reifegrad unterschiedlich riechen. Da Affen für den
Geruch von Früchten empfänglich sind, werden sie von reifem Obst
angelockt. Früchte von Pflanzen, deren Samen über Vögel ausgebreitet
werden, zeigen ihren Reifegrad dagegen nicht über Düfte an (Scientific
Reports, 2015; Journal of Chemical Ecology, 2016).
Pflanzen sind ortsgebunden und daher auf Wirbeltiere wie Affen, Vögel und
Fledermäuse angewiesen, um ihre Samen über weite Strecken auszubreiten und
sich fortzupflanzen. Damit die Tiere die Samenausbreitung zuverlässig
übernehmen, müssen die Früchte für sie attraktiv sein. So haben sie im
Laufe der Evolution ein nahrhaftes Fruchtfleisch entwickelt, das reich ist
an Zuckern, Fetten, Eiweißen, Vitaminen und Mineralien. Außerdem sollten
sie leicht erkennbar sein für nahrungssuchende Tiere. Neben der Farbe
könnte der Geruch der Früchte eine wichtige Rolle spielen, um Reifegrad
und Qualität anzuzeigen, insbesondere bei Tieren, die sich über ihren
Geruchssinn orientieren.
Affen als Samenausbreiter
Affen gehören zu den wichtigsten Samenausbreitern in tropischen
Ökosystemen. Bis vor kurzem ging man davon aus, dass sich Affen vor allem
visuell orientieren. Dass sie auch einen gut entwickelten Geruchssinn
haben, wurde erst in den letzten Jahren nachgewiesen. Daher könnte es
sein, dass Pflanzen, die auf Affen als Samenausbreiter angewiesen sind,
den Reifegrad und die Qualität ihrer Früchte neben Farbänderungen auch
durch Düfte anzeigen. Wissenschaftler vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ)
haben zusammen mit Kollegen aus Deutschland, Schweden und Mexiko zwei
Studien durchgeführt, um diese Hypothese zu testen.
Geruch der Früchte zeigt Reifegrad an
In der ersten Studie haben die Forscher den Geruch gemessen, der von
reifen und unreifen Früchten ausgeht. Dazu haben sie an der DPZ-
Feldstation im peruanischen Amazonasregenwald Früchte von vier
verschiedenen Pflanzenarten gesammelt und entsprechende Duftproben
genommen. Es stellte sich heraus, dass sich der Geruch von reifen und
unreifen Früchten bei den Pflanzen unterscheidet, deren Samen von Affen
verbreitet werden. Die Tiere könnten reife Früchte also zuverlässig am
Geruch erkennen. Bei den Pflanzen, die auf Vögel als Samenausbreiter
angewiesen sind, war der Geruch jedoch unabhängig vom Reifegrad der
Früchte. Da Vögel sich vor allem visuell und nicht über den Geruchssinn
orientieren, würde hier ein unterschiedlicher Duft auch keinen Vorteil für
die Pflanze bringen. Dass ein veränderter Geruch nur bei den Früchten
auftritt, die von Affen gefressen werden, zeigt, dass dies eine Anpassung
der Pflanze an den jeweiligen Samenausbreiter ist.
Affen können reife Früchte am Geruch erkennen
In einer zweiten Studie haben die Forscher untersucht, ob Affen reife und
unreife Früchte auch tatsächlich zuverlässig am Geruch unterscheiden
können. Dazu haben sie verschiedene Duftmischungen hergestellt, die den
Geruch von Früchten verschiedener Reifegrade imitieren. Die Versuche
wurden an Klammeraffen durchgeführt, da diese Tiere sich vornehmlich von
reifen Früchten ernähren und damit wichtige Samenausbreiter für
verschiedene Pflanzen sind. Es zeigte sich, dass die Klammeraffen unreife,
teilreife und reife Früchte zuverlässig am Geruch unterscheiden konnten.
Damit ist der Geruch ein verlässliches Signal für Klammeraffen, um reife Früchte zu erkennen.
„Unsere Studien zeigen, dass der angenehme Geruch, den viele reife Früchte
ausströmen, eine wichtige ökologische Funktion hat: Er dient der
Kommunikation zwischen Pflanze und Affe“, sagt Omer Nevo, Hauptautor der
beiden Veröffentlichungen. Affen profitieren von der Möglichkeit, reife
Früchte leicht und zuverlässig zu erkennen. Im Gegenzug bringt es Pflanzen
Vorteile, wenn sie ihre Früchte durch Düfte attraktiver für Primaten
machen und dadurch die Samenausbreitung gewährleisten können.
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dpz.eu/de/startseite/einzelansicht/news/verfuehrerischer-geruch-sichert-samenausbreitung.html
Deutsches Primatenzentrum GmbH
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